Auf den ersten Blick hat das in den Alten Meistern in Dresden zu sehende Bild von Carlo Dolci (1616 – 1686) nichts mit Großschweidnitz zu tun. Weder Motiv noch Künstler bieten Anknüpfungspunkte. Es gibt aber eine Reihe von Kopien dieses Bildes. Eine davon befindet sich heute in der Berliner Salvator-Kirche. Von dort erreichte uns eine Anfrage. Die Chronistin Regina Mahlke war auf der Suche nach der „Kopistin“, der Malerin, die das Bild kopiert hatte.
Als das Bild restauriert werden sollte, stieß sie auf der Rückseite auf einen Stempel der Dresdner Gemäldegalerie. Es handelte sich also um eine offiziell genehmigte Kopie. Die Malerin oder der Maler war demnach als „Kopist“ anerkannt. Am Bilderrahmen ließ sich auch noch ein mit Bleistift geschriebener Name entziffern: Haase. Im Kopistenbuch der Gemäldegalerie, einem Verzeichnis der „Kopisten“, war eine Adele Haase verzeichnet. Wer war sie?
Regina Mahlke durchsuchte das Adressbuch der Stadt Dresden und fand heraus, dass sie zwischen 1913 und 1919 in Dresden gelebt hatte. Wahrscheinlich entstand das Bild 1914/15. 1918 heiratete sie und nahm den Namen Burkhardt an.
Danach verlor sich die Spur. Bis eine Suche auf genealogy.net einen Hinweis erbrachte. Es war ein Grabstein, auf dem der Name von Adele Burkhardt und das Geburtsjahr 1869 auftauchten. Der Grabstein war im engeren Sinne aber kein Grabstein, es waren die Namenstafeln auf dem ehemaligen Anstaltsfriedhof Großschweidnitz.
War die in Großschweidnitz verstorbene Adele Burkhardt identisch mit der Kopistin der „heiligen Cäcilia“? Regina Mahlke wandte sich mit genau dieser Frage an uns.
Der Datenbankeintrag ließ wenig Zweifel: Es handelte sich um die Malerin Adele Burkhardt. Sie war am 26. September 1944 in die Landesanstalt Großschweidnitz eingewiesen worden. Als letzte Wohnanschrift war Zittau vermerkt, weshalb ihre Einweisung nach Großschweidnitz erfolgte. Als Grund für die Aufnahme war „Altersschwachsinn“ angegeben, die damalige Bezeichnung für Altersdemenz. Der Arzt Robert Herzer vermerkte in der Akte: „Typischer Pflegefall!“. Nur wenige Tage nach ihrer Aufnahme, am 4. Oktober 1944, starb Adele Burkhardt in Großschweidnitz auf einer der „Sterbestationen“. Als Todesursache wurde Altersschwäche angegeben.
Die tatsächlichen Todesumstände lassen sich nur schwer rekonstruieren. Durch die Auswertung von mehr als 5.500 Patientinnen- und Patientenakten ist bekannt, dass besonders alte und pflegeaufwendige Patienten den Krankenmorden zum Opfer fielen. Adele Burkhardt war eine von ihnen.
Weitere Informationen zur Geschichte des Bildes und Adele Haase finden Sie hier.
Die auf den Tafeln auf dem Anstaltsfriedhof befindlichen Namen können über die Seite von genaelogy recherchiert werden.
Sie suchen nach Angehörigen, die in Großschweidnitz verstorben sind und haben Sie nicht in der Liste gefunden? Dann schicken Sie uns gern eine Mail an vorstand@gedenkstaette-grossschweidnitz.org