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Stolperstein für Regina Boksch (1898-1943)

Erstellt von MF |

Seit gestern erinnert in Köln ein Stolperstein an Regina Boksch. Sie starb 1943 in Großschweidnitz.

2020 wandte sich die Enkeltochter von Regina Boksch an unseren Verein. Sie wollte mehr erfahren über das Schicksal ihrer Großmutter, die 1943 in Großschweidnitz verstorben war. Die Recherche in der Datenbank ergab, dass eine Patientenakte erhalten geblieben ist. Diese gab bereits erste Details zu ihrem Aufenthalt in Großschweidnitz und den Verlegungsgründen preis. Auch in der Familienerinnerung gab es noch einige Anhaltspunkte. Nach und nach setzte sich das Puzzle zu einer Biografie zusammen.

Regina Boksch wurde 1898 in Köln geboren. Sie heiratete und bekam Kinder. 1930 kam sie aufgrund psychischer Auffälligkeiten das erste Mal in eine Heilanstalt, die Anstalt Galkhausen. Die Ärzte stellten dort die Diagnose Schizophrenie. Kurze Zeit später konnte sie aber wieder entlassen werden. Es folgten weitere Anstaltsaufenthalte, die jedoch nie von längerer Dauer waren. 1935 musste sie sich einer Zwangssterilisation unterziehen. Die Grundlage dafür bildete das nationalsozialistische „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, dass eine zwangsweise Unfruchtbarmachung bei bestimmten Krankheiten anordnete, denen eine Erblichkeit unterstellt wurde. Schizophrenie war eine dieser Krankheiten.
1936 starb ihr Mann. Sie blieb allein mit drei Kindern zurück, deren Erziehung die städtische Fürsorge nun übernahm. Sie versuchte sich das Leben zu nehmen. 1938 kam sie erneut nach Galkhausen, und blieb dort. Sie wurde wie nahezu alle Patientinnen und Patienten im Rahmen der zentralen Krankenmordaktion "T4" in einem Meldebogen erfasst. Darin beschrieben sie die Ärzte als nicht arbeitsfähig. Regina Boksch wurde allerdings nicht wie andere Patienten aus Galkhausen in der Tötungsanstalt Hadamar ermordet, möglicherweise weil die "Aktion T4" im August 1941 abrupt abgebrochen wurde. Sie blieb in Galkhausen.

Im März 1943 wurde die Anstalt Galkhausen aufgelöst und zum Krankenhaus umfunktioniert. Die Luftangriffe auf das Rheinland forderten zu diesem Zeitpunkt viele zivile Opfer, deren Versorgung Vorrang vor der Betreuung von Anstaltspatienten hatte. Für die Patientinnen und Patienten wie Regina Boksch bedeutet dies die Verlegung in Anstalten im weit entfernten Sachsen. Am 20. März 1943 trafen die Patienten in Großschweidnitz ein. Als nicht arbeitsfähig eingestuft hatte Regina Boksch kaum Überlebenschancen in der überfüllten Anstalt. Nur 10 Tage später, am 30. März 1943, starb Regina Boksch an Lungenentzündung, der häufigsten Todesursache in Großschweidnitz. Diese verschleierte in vielen Fällen die Tötung der Patienten durch überdosierte Medikamente.

Regina Boksch wurde auf dem Anstaltsfriedhof Großschweidnitz beerdigt. Dort erinnern heute die Namenstafeln auch an ihr Schicksal.

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Am 18.10.2022 verlegter Stolperstein für Regina Boksch auf der Schwerinstraße 4 in Köln Nippes (Foto: D. Graf)
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Hochzeitsbild von Regina Boksch (Quelle: D. Graf)